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Google in Gefahr? OpenAI – von der Antwortmaschine zur Suchmaschine?

Google Konkurrenz mit KI-gestützter Suchtechnologie

Als OpenAI Ende 2022 ChatGPT veröffentlichte, brach ein regelrechter KI-Hype aus: Nicht wenige verorteten ChatGPT und das gesamte Thema Künstliche Intelligenz aufgrund der menschlich wirkenden Kommunikation und der faszinierenden Art Antworten auf verschiedenste Fragen zu liefern, zunächst einmal pauschal unter dem Schlagwort „Informationsrecherche“. Dazu hatte man bis dahin – und das seit Jahrzehnten – Google auf dem Schirm, was dazu führte, dass jeder mit einer ernstzunehmenden und lang ersehnten Konkurrenz für den Platzhirschen rechnete. Der Unterschied zur klassischen Suchmaschine wurde dabei gerne übersehen: Denn eigentlich handelt es sich bei ChatGPT in erster Linie um eine ANTWORTmaschine. Anderthalb Jahre später gibt es aktuell dennoch Spekulationen bezüglich einer eigenen OpenAI SUCHmaschine. Muss sich Google spätestens jetzt Sorgen machen?


Worum geht es eigentlich?

Am 8. Mai berichtet Bloomberg darüber, dass OpenAI mit einem eigenen Suchprodukt Google Konkurrenz machen werde. Reuters nennt wenig später bereits einen angeblichen Präsentationstermin. Doch der OpenAI-CEO Sam Altman widerspricht umgehend: Keine Suchmaschine… – aber neues Zeug werde vorgestellt.

 

Warum ist ChatGPT (noch) keine Suchmaschine?

ChatGPT: Nutzt maschinelles Lernen und große Sprachmodelle, um natürliche Sprache zu verstehen und kontextbezogene Antworten zu geben. Es liefert in der Regel eine konkrete Antwort auf eine gestellte Frage. Die Antwort basiert auf der gesamten verfügbaren Datenbasis und ist meist formuliert, als würde ein Mensch sprechen, allerdings ohne explizite Quellenangaben. Maßnahmen für eine Berücksichtigung bestimmter Informationen gehören zur „Answer Engine Optimization“ (AEO).

Google: Verwendet Algorithmen zur Indexierung des Internets und liefert eine Liste von Suchergebnissen aus verschiedenen Quellen, die nach Relevanz geordnet sind. Benutzer müssen diese Quellen selbst durchsehen, um die benötigten Informationen zu finden. Die Ergebnisse können Links zu Websites, Bilder, Videos, Nachrichtenartikel usw. umfassen. Maßnahmen für eine bessere Visibility gehören zur „Search Engine Optimization“ (SEO).

 

An dieser Stelle der ausdrückliche Hinweis, dass beide Methoden Vor- und Nachteile haben:

 

Vorteile von ChatGPT:

  • Direkte Antworten: Schnelle, präzise Antworten auf konkrete Fragen ohne die Notwendigkeit, mehrere Websites zu durchsuchen.
  • Natürliche Sprache: Antworten sind oft verständlicher und in natürlicher Sprache formuliert, was die Benutzererfahrung verbessern kann.
  • Komplexe Anfragen: Kann komplexe Fragen besser verstehen und beantworten, da es Zusammenhänge und Kontext analysiert.

Nachteile von ChatGPT:

  • Fehlende Quellenangaben: Keine direkte Verlinkung zu Quellen, was die Überprüfung der Richtigkeit der Informationen erschwert.
  • Antwortgenauigkeit: Kann gelegentlich ungenaue oder veraltete Informationen liefern, da es auf Trainingsdaten angewiesen ist, die nicht immer aktuell sind.

Vorteile von Google:

  • Vielfältige Quellen: Bietet Zugang zu einer breiten Palette von Informationsquellen, die der Benutzer selbst prüfen und bewerten kann.
  • Aktualität: Suchalgorithmen aktualisieren ständig den Index, was zu aktuelleren und relevanteren Informationen führt.
  • Spezialisierte Suchfunktionen: Bietet spezialisierte Suchoptionen wie Bildersuche, Nachrichtensuche und wissenschaftliche Artikel.

Nachteile von Google:

  • Informationsüberfluss: Benutzer können durch die große Anzahl von Ergebnissen überwältigt werden und Schwierigkeiten haben, relevante Informationen zu finden.
  • Zeitaufwand: Erfordert oft mehr Zeit und Mühe, durch die Suchergebnisse zu navigieren und die benötigten Informationen zu extrahieren.

 

Abwesenheit von Auswahl macht das Leben simpler!

Ob dies gilt, hängt von der individuellen Suchmotivation des Users und seinen Erwartungen an den Output ab. Es gibt also nicht richtig oder falsch, sondern nur mehr oder weniger passend!

Klassische Suchmaschine (z.B. Google) ist besser für:

    • Detaillierte Recherchen mit Auswahlmöglichkeit
    • Aktuelle Informationen & neue Daten
    • Quellenüberprüfung & Validierung von Informationen
    • Spezifische Formate

 

ChatGPT (oder ähnliche KI-Lösungen) ist besser für:

    • Schnelle Antworten auf spezifische Fragen
    • Komplexe Fragestellungen mit kontextueller Verarbeitung
    • Benutzerfreundlichkeit mit einfacher, natürlicher Interaktion

 

Wie wahrscheinlich ist eine OpenAI-Suchmaschine?

Wäre ein Quasi-Monopolist überrascht, dass die eigenen Gewinne einen Anreiz für Wettbewerber darstellen, innovative Konkurrenzprodukte auf den Markt zu bringen, dann müsste man sich tatsächlich fragen, was er beruflich macht.
Anders formuliert: Es ist ausgeschlossen, dass sich Google kalt erwischen lässt und es ist sicher, dass Google nicht nur permanent die eigene Suchtechnologie weiterentwickelt (und zwar inklusive KI), sondern auch schon lange hinsichtlich der „Suchmaschine der Zukunft“ forscht. Bestes Beispiel hierfür ist die bereits in anderen Ländern testweise integrierte KI-Technologie SGE (Search Generative Experience). Entsprechende Erweiterungen sind auch für Deutschland bald zu erwarten.

In Bezug auf die genannten Spekulationen rund um OpenAI und die dazugehörigen Wahrscheinlichkeiten müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden:

  • Es ist mehr als nur wahrscheinlich, dass OpenAI Forschung in Richtung KI-unterstützter Suchmaschinentechnologie betreibt. Die Möglichkeiten mittels Künstlicher Intelligenz ein innovatives und vielleicht sogar revolutionäres Instrument der Informationsrecherche zu entwickeln, sind groß und der ökonomische Anreiz immens.
  • Es ist unwahrscheinlich, dass OpenAI sich dabei allzu sehr an Google und anderen klassischen Suchmaschinen orientiert und eine Nachbildung mit KI-gestütztem Backend fabriziert. Dazu OpenAI-CEO Sam Altman: “I don’t think the world needs another copy of Google.”
  • Noch viel unwahrscheinlicher erscheint es, dass OpenAI jetzt auf eigene Faust und ohne Abstimmung mit Sponsor Microsoft eine eigene KI-Suchmaschine veröffentlicht und damit zum Wettbewerber in der eigenen Familie wird. Dies wäre allenfalls als gemeinsamer strategischer Weg denkbar, etwa weil man die bereits vollzogene erste KI-Integration in die Microsoft-Suchmaschine Bing in einer weiterentwickelten Version unter dem prominenteren Namen ChatGPT fortführen möchte.

 

Wie wird eine KI- oder ChatGPT-basierte Suchmaschine aussehen?

Folgende Funktionen müssen integriert sein:

  1. Hybride Suchfunktion
    • Kombination aus direkter Antwortgenerierung von ChatGPT mit einer Quellenübersicht, die Links zu den verwendeten Informationsquellen bereitstellt
    • Wahlmöglichkeit für User zwischen einer präzisen Antwort und einer detaillierten Suchergebnisliste
  2. Aktualität & Verlässlichkeit
    • Regelmäßige Aktualisierung des Trainingsdatensatzes, um aktuelle Informationen sicherzustellen
    • Integration von Echtzeit-Datenquellen, um bei Bedarf die neuesten Informationen zu liefern
  3. Transparenz
    • Klare Kennzeichnung der verwendeten Quellen und deren Vertrauenswürdigkeit
    • Möglichkeit für Benutzer, Feedback zu geben und Korrekturen vorzuschlagen
  4. Interaktive Funktionen
    • Personalisierte Suchergebnisse basierend auf Benutzerpräferenzen und Suchhistorie
    • Option zur Verfeinerung der Antworten durch Nachfragen, ähnlich einer menschlichen Konversation
  5. Multimodale Suche
    • Unterstützung für verschiedene Eingabemethoden (Text, Sprache, Bilder) und Ausgabemethoden (Textantworten, Audio-Antworten)

 

Es geht also nicht um ein „entweder-oder“: Eine ChatGPT-basierte Suchmaschine würde die Stärken von KI-gestützten Antworten mit der Verlässlichkeit und Tiefe traditioneller Suchmaschinen kombinieren und somit eine umfassendere und benutzerfreundlichere Suche ermöglichen.
Eine derart neuartige Suchmaschine müsste Google dann tatsächlich Sorgen machen – allerdings nur, wenn sie daran nicht selbst bereits arbeiten. OpenAI & Microsoft könnten mit einer guten KI-Suchmaschine Google in jedem Fall Marktanteile abnehmen, insbesondere vor dem Hintergrund einer zunehmenden User-Unzufriedenheit beim klassischen Googlen!

 

Autor


Olaf Redmer ist Lead SEO bei antwerpes und beschäftigt sich seit 24 Jahren mit Suchmaschinen, Google und der Auffindbarkeit von Webseiten in den organischen Suchergebnissen. Er leitet das antwerpes SEO-Team.Kontakt

Veröffentlicht: 19. June 2024 // antwerpes


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